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Auf der Suche nach dem Weissen Waldportier

Autor Rolf Kugler, Fotos: Rolf Kugler, Thomas Ulrich


Nach einem Tipp von Thomas Ulrich, der am Süd­fuss des Jura auf einer extensiv bewirtschafteten Viehweide ober­halb von Niederbipp (Walder Alp) ca. 6 Exemplare des Weissen Wald­portiers (Brintesia circe) beobachten konnte, machte ich mich mit Sibylle und unserer kleinen Tochter eine Woche später am 30.08.2009 bei angenehmen Wetter (bei ca. 20 – 23 °C) auf, diese, als selten geltende, grosse Schmetterlingsart, zu suchen.[1],[2] Wir stellten das Auto am Waldrand ab (so gegen 10 Uhr) und während Sibylle, mit Rosalie im Tragetuch, den Wanderweg Richtung Burgruine Erlinsburg wählte, ging ich auf die beschriebene Jurawiese.
Bei dem Biotop handelt es sich um eine steile, nach Süden ge­neigte, trockene Wiese, auf der sich teilweise niedrige und ver­krüppelte Schwarzdorn- und Weissdornbüsche befinden – v.a. entlang der Trampelpfade, die durch die langjährige Beweidung von Kühen herrühren. An die zum Teil mit Fels und offenen Steinen durchsetzte Wiese grenzt oberhalb ein Eichen-, Buchen-, Kiefern- Mischwald an, so dass gute Voraussetzungen vorhanden sind, den Weissen Waldportier anzutreffen, der als typischer Ver­treter von stark besonnten und trockenen Wald- und Buschwiesen gilt.[1]
Dass es sich um eine schmetterlingsreiche Wiese handelt, war sehr schnell festzustellen. Ich konnte Hauhechel (Poly­ommatus icarus), violetter Wald- bzw. Rotklee (Cyaniris semi­argus) sowie den dunkelbraunen Bläuling (Aricia agestis) identifi­zieren. Es waren auch noch wenige Exemplare des Hainveilchen - bzw. Magerrasen- (Clossiana dia) und des Kleinen Perlmutter­falters (Issoria lathonia) unterwegs. Darüber hinaus konnte ich Raupen der Ampferrindeneule (Aronicta rumicis) und des Schwal­benschwanzes (Papilio machaon) sowie ein schönes Exemplar dieses Falters beobachten, weiterhin den Mauerfuchs (Lasiommata megera) sowie abgeflogene Scheckenfalter (wahrscheinlich Wachtel­weizenschecken­falter, Mellicta athalia). Als Vertreter von Wanderfaltern begleiteten mich während der ganzen Tour ein Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum), Gammaeule (Autographa gamma) und auffallend viele Exemplare des farben­prächtigen Postillons (Colias crocea).
Nur vom Weissen Wald­portiers war nichts zu sehen!
So beschloss ich, wieder zu Sibylle auf den Wanderweg zurückzukehren, die gerade damit beschäftigt war, die grundlegenden Bedürfnisse von Rosalie zu stillen.
Exakt in diesem Moment machten wir zwei Wanderer aus, die sich dann beim Näherkommen als Beate und Thomas entpuppten und sich an diesem Wochenende noch einmal aufmachten, den Fund der Vorwoche zu bestätigen. Wir unterhielten uns kurz und freuten uns über diese zufällige Begegnung auf dieser schönen Jurawiese und gingen dann getrennter Wege weiter. Während Thomas und Beate sich auf die Suche nach dem Weissen Wald­portier machten, wanderten Sibylle und ich auf die Burgruine der Erlinsburg und genossen die wunderbare Fernsicht mit Blick auf die Alpen.
Sibylle mit Rosalie wanderte zurück zum Auto, während ich eine beweidete Wiese überquerte und zu Beate und Thomas auf­schloss. Auf dem Rückweg entlang des Waldrandes wollten wir noch einmal nach dem Weissen Waldportier schauen. Als aber an den Stellen, an denen am Wochenende zuvor die Schmetterlinge beobachtet werden konnten, nichts zu sehen waren, trennten sich unsere Wege. Thomas und Beate beschlossen, noch nach Samenständen von Orchideen zu suchen, während ich (noch) nicht aufgeben wollte und weiterhin dem Waldrand zurück zum Auto folgte. Als ich dann kurz darauf ausrutschte und mir einen Dorn in den Ringfinger der rechten Hand rammte, hatte ich auch keine Lust mehr und machte mich auf den direkten Weg zurück zum Auto.
Weisser Waldportier mit geschlossenen Flügeln, Foto Rolf Kugler
Just in diesem Moment segelte in meinem Augenwinkel ein gros­ser brauner Schmetterling den mittlerweile aufgeheizten Hang der Wiese hinab und liess sich an einer Ackerwitwenblume nieder. Es war sofort klar, dass es sich um den Weissen Waldportier handeln musste und ich lief frisch motiviert hinterher und versuchte ein Foto zu machen, was mir leider nur sehr unscharf gelang. Der Falter hob wieder ab und segelte in arttypischer Manier die Wiese hinab und verschwand zwischen den Bäumen. Mit gemischten Gefühlen – froh diesen Schmetterling das erste Mal beobachtet, aber nur unzureichend fotographisch dokumentiert zu haben – ging ich zurück zu Sibylle und der Kleinen.
Mittlerweile war der Speicher von Rosalie wieder erschöpft und Sibylle um Nachschub besorgt, so dass ich noch ca. 30 min Ge­legenheit hatte, mich umzusehen. Ich lief auf die Wiese zurück und konnte schon nach kurzer Zeit einen grossen Schmetterling oben am Waldrand ausmachen, der ruhig den Hang entlang segelte und sich dann in der Vegetation niederliess. Das musste ein weiteres Exemplar des Weissen Waldportiers sein!
Sofort machte ich mich auf, diesen zu finden. Dies war gar nicht so einfach, da der Weisse Wald­portier mit zusammengefalteten Flügeln im Gras sehr gut getarnt ist. Oft erkennt man die Falter erst, wenn man sie aufschreckt, weil man ihnen zu nahe gekom­men ist. So erging es auch mir, aber der bereits etwas abgeflo­gene Falter tat mir den Gefallen, setzte sich nach wenigen Metern wieder ab und liess sich fotografieren. Immer wieder flog er auf, segelte mehrere Schleifen den Hang hinab und setzte sich wieder ins Gras oder auf offene Bodenstellen bzw. auf einen Kuhfladen. Allerdings gelang es mir nicht, diesen beeindruckenden Schmet­terling mit offenen Flügeln abzulichten. Nachdem sich der Falter für ein Plätzchen entschieden hatte, klappte er die Flügel einmal auseinander, schloss sie sofort, um sie danach nicht wieder zu öffnen. Trotzdem war ich hochzufrieden und wir kehrten zurück nach Hause.

Weisser Waldportier mit geöffneten Flügeln, Foto Rolf Kugler
Am nächsten Wochenende (06.09.2009) waren wir auf dem Schiessplatz in Gehren spazieren – ganz in der Nähe des Orchi­deenlehrpfades in Erlinsbach – und konnten auch dort ganz un­verhofft ein schönes Exemplar des Weissen Waldportiers beo­bachten und sogar mit geöffneten Flügeln fotografieren. Auch hier handelt es sich um eine extensiv genutzte trockene Wiese in Südlage mit angrenzendem Eichen-, Buchen-, Kiefern-Mischwald. Offensichtlich war 2009 ein gutes Jahr für diese Schmetterlingsart! Laut Literatur[1] ist dieser Vertreter der Familie der Edelfalter (Satyridae) nördlich der Alpen recht selten und kommt in der Schweiz nur noch im Jura an ca. 10 Stellen vor. Umso erstaun­licher, dass wir ihn an verschiedenen Standorten finden konnten. Weitere Sichtungen wurden von Beate und Thomas in Beinwil/Neuhüsli-Glashütte und auf dem Lehrpfad gemacht.
Es ist natürlich schwierig abzuschätzen, ob es sich bei dem vermehrten Auftreten um eine Momentaufnahme aus dem Jahr 2009 handelt oder ob es diese Schmetterlingsart geschafft hat, sich in den letzten Jahren wieder etwas zu vermehren bzw. ob es noch Standorte gibt, die bisher einfach nicht bekannt waren.[3]

[1] Tagfalter und ihre Lebensräume, 1987, Schweizerischer Bund für Naturschutz, Basel.
[2] Heiko Bellmann, der neue Kosmos Schmetterlingsführer, 2003, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH, Stuttgart.
[3] Anmerkung Thomas Ulrich:  
Gemäss aktueller Verbreitungskarte der CSCF wurde die Art inzwischen (seit 1990) im gesamten Jura und Genfersee-Region bis zum Rhoneknie häufiger nachgewiesen; östlichste Verbreitung ist die Region Olten/Aarau.

Hufeisenkleeheu­falter,(Colias alfa­cariensis) Weib­chen, Foto Thomas UlrichHufeisenkleeheu­falter (Colias alfa­cariensis) Männchen, Foto Thomas Ulrich

Hufeisenkleeheu­falter (Colias alfa­cariensis): erstes Bild Weib­chen, zweites Bild Männ­chen auf der Walder Alp.


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Aktualisiert 20. 12. 2009

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