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Bemerkungen zu "Orchideen in und um Thun"

Anmerkung der Redaktion zum Thema Epipactis distans, Auto: Thomas Ulrich

Als Vereinszeitschrift mit dem Anspruch wissenschaftlicher Ge­nauigkeit müssen die in unseren Artikeln gemachten Anga­ben/Diskussionen einer Überprüfung standhalten. Dies bedingt gelegentlich einen redaktionellen Eingriff, der sich nicht nur auf das Formatieren des Textes beschränkt. Die angerissene Diskus­sion im vorigen Artikel zum Thema Epipactis distans vs. Epipactis helleborine var. bzw. subsp. orbicularis gehört genau ins Feld die­ser wissenschaftlichen Feinheiten.

Eine vertiefte Literaturrecherche ergab hierzu 3 wesentliche Publi­kationen:
[1] Erich Klein „ Epipactis helleborine (L.) Crantz subsp. orbicula­ris (Richter) Klein comb. Nova. Eine xerophile Unterart (Orchi­daceae-Neottieae)“, Phyton (Horn, Austria) Vol. 37 (1997) 71-97.
[2] Ruedi Peter „Die Gattung Epipactis in der Schweiz“ Jahresber. Naturwiss. Ver. Wuppertal 55 (2002) 189-251
[3] Wolfgang Wucherpfennig „Wie nützlich sind die Merkmale des Habitus für die Bestimmung von Epipactis-Arten? – 2. Epipactis distans und Epipactis helleborine subsp./var. orbicularis“ Jour. Eur. Orch. 38(3) 2006 625-666

Die Quintessenz dieser ca. 150 Seiten sei hier in aller Kürze zu­sammengefasst.

  • Epipactis distans ist eine eigene Art (Taxon)
  • Epipactis distans und Ep. helleborine var. orbicularis sind Synonyme. Es gibt keinen Anhaltspunkt die sog. Sonnenform der Epipactis helleborine als Subspezies zu führen.
  • Delforge (und anscheinend nur er) unterscheidet in seinem Buch ab der 2. Auflage zwischen der Population in den Westalpen (Epipactis distans) und der Population der östlichen Alpen (Epipactis helleborine var. orbicularis)
  • Dieser Sachverhalt wird vor allem von W. Wucherpfennig stark bestritten und wissenschaftlich korrekt durch eine aus­giebige Blüten- und Pflanzenanalyse untermauert. Wie er kommen auch E. Klein bzw. R. Peter zum definitiven Schluss der einheitlichen Art Epipactis distans.
  • Intensivere Färbungen der Blüten spez. Petalen und Lippe berechtigen nicht zur Unterscheidung der westlichen und östlichen Populationen.
  • Epipactis distans gehört zu den wenigen Ausnahmen der Epipactis-Arten, die aus einem Rhizom mehrere dicht beieinander stehende Blütenstände treibt (häufig bei E. purpurata, gelegentlich bei Ep. mülleri, Ep. atrorubens und Ep. helleborine).
  • Epipactis distans hat einen hohen Lichtbedarf und kommt „ausschliesslich“ in trockenen Kiefer­wäldern vor (xerothemen Standort). So wurde bis jetzt nur ein Mykorrhiza-Pilz in den Wurzeln von Ep. distans identifiziert, der auch als Partner von benachbarten Kiefern identifiziert wurde. Diese 3er-Gesellschaft „Kiefer - Mykorrhiza-Pilz – Ep. distans“ erklärt somit die eindeutige Bindung an Kieferwälder.
  • In Ausnahmefällen können Epipactis distans und Epipactis helleborine nebeneinander im gleichen Biotop vorkommen, letztere bevorzugt schattige Stellen des Kiefernwaldes.

Was können wir in Zukunft als „Amateure“ zu diesem Themen­kreis beitragen?

  • Finger weg von Einzelpflanzenbestimmung schwieriger Gattun­gen wie Epipactis, Dactylorhiza.
  • Nur grössere Populationen beurteilen (z.B. Epipactis distans tritt selten als Einzelpflanze auf)
  • Nur stattliche Pflanzen analysieren, je kleiner die Pflanzen desto verschwommener sind die typischen Merkmale – immer mehrere Merkmale untersuchen.
  • In welchem Biotop steht die Pflanze, in den Aufnahmen im Ar­tikel handelt es sich um einen Buchenwald d.h. Ep. distans ist eher zweifelhaft.
  • Gutes Belegmaterial aufbauen, d.h. aussagekräftige Fotos u.U. mit Massstab neben den Blüten, Pflanze sowie Detail­fotos der besonderen Merkmale.
  • Literaturrecherche im Internet ist heute recht einfach.
    Tipp: Suche auf .pdf beschränken, dies gibt oft die richtigen wis­senschaftlichen Publikationen – mit viel Glück frei verfügbar.
  • Bei einem speziellen Fund kann u.U. ein „AGEO“-Experte zu einer Klärung vor Ort beitragen, d.h. vielleicht schon während der Blütezeit nachfragen.
  • Und zum Schluss vielleicht noch dies:
    Es muss nicht immer eine Spezialität gefunden werden, die Variabilität in der Natur ist gross – viel wichtiger ist, es gibt noch Biotope, die es zu erhalten gilt. Was nützt der span­nendste Bastard, wenn ihn morgen ein Holzlagerplatz be­deckt?

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Aktualisiert 07. 04. 2011

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