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2015 Jahr der Langspornigen Handwurz

Gymnadenia conopsea

(L.) R. Br.

Gymnadenia conopsea - Blütenstand, Einzelblüte und Samenstand, Fotos Roland Wüest, Fred Stadler & Guido Viel 
Gymnadenia conopsea - Blütenstand, Einzelblüte und Samenstand, Fotos Roland Wüest, Fred Stadler & Guido Viel
Zeichnung Gymnadenia conopsea aus 'English Botany' 2.ed. 1835-46, Vol VII/1840


Zeichnung Einzelblüte Gymnadenia conopsea
Synonyme: Mückenhändelwurz
Etymologie: Das von Linnaeus (1753) ausgewählte griechische Art-Epitheton "conopsea" ist grammatisch falsch und sollte "conopea" heissen, ist aber nachträglich nicht korrigierbar. (Zitat aus "Die Orchideen Deutschlands"; 2005) Übersetzung: conopeus/conopseus = mückenartig und bezieht sich auf das Aussehen der Blüten. Synonyme existieren in grosser Zahl, sollen hier aber nicht speziell aufgelistet werden. (Orchideen Deutschlands:10; Camus (1928):14; Keller/Schlechter (1928, 1. Band):21) Subspezies und Formen werden nicht extra geführt (ssp.densiflora, var.alpina, var.borealis, var.pyrenaica) wie auch die Neukreationen von Dworschak (2002) (G. vernalis, G. alpina (=sibirica), G. splendida ssp. splendida, G. splendida ssp. odorata, G. graminea, G. conopsea ssp.serotina)
Unterirdische Organe: Knollen 2 (eine alte und eine neue) abgeflacht, handförmig gespalten mit 4-7 fingerartigen, je nach Entwicklungsstand der Pflanze +/- lang ausgezogenen, immer dünner werdenden Fortsätzen. Am Blütenstängelansatz einige (4-7) ± waagrecht verlaufende, relativ kurze Wurzeln.
Stängel u. Blätter: Stängel 15-50 (-80) cm lang, gelbgrün, manchmal bräunlich oder schmutzig rosa überhaucht, rund, unten etwas hohl. Am Grunde desselben 1-2 Schuppenblätter. Laubblätter 3-10, grün, ungefleckt, etwas glänzend, lineal-lanzettlich, oberseits rinnig, unterseits gekielt. An der Spitze oft gerundet oder kapuzenförmig endend, 5-25 cm lang, 0.5-4.5 cm breit, mehr oder weniger zweizeilig am Stängelgrund gehäuft und nach oben kleiner werdend. Meist aufwärts oder schräg aufwärts gerichtet, manchmal auch bogig abstehend. Die obersten 1-3 tragblattartig, ± dem Stängel anliegend. G. conopsea kommen meist als Einzelpflanzen vor, entwickeln aber auch Mehrfachtriebe oder (seltener) ganze Büschel.
Blütenstand: 5-20(-30) cm lang, ± langgestreckt, Ähre allseitswendig, voll erblüht schmal-zylindrisch, aufblühend nach oben zugespitzt wirkend. Dicht- und vielblütig oder locker- und wenigblütig (10-40, max.140).
Brakteen: Ungefähr so lang oder etwas länger als die Fruchtknoten, schmal-lanzettlich, spitz auslaufend, bogig aufwärts orientiert, grün oder violettrosa überlaufen wie auch der gedrehte Fruchtknoten.
Blüten Heller oder dunkler rotlila, seltener hell rosa, hie und da weiss, 10-16 mm breit und 7-10 mm hoch, meist ±intensiv duftend. Seitliche Sepalen 4-8 mm lang, elliptisch - eiförmig, die Ränder meist ± nach hinten umgerollt, mehrheitlich leicht schräg abwärts gerichtet. Das mittlere eiförmige Sepalum manchmal aufrecht oder aber nach vorne umgebogen um mit den Petalen zusammen einen ± offenen Helm über der Säule zu bilden. Die Petalen sind bogig aufwärts und etwas nach vorne orientiert. Lippe 4-7 min lang, ± ausgeprägt dreilappig, das Rotlila gegen den Grund manchmal in weiss übergehend. Sporn stecknadelförmig aber abwärts gebogen, mindestens 1.5-2 mal so lang wie der Fruchtknoten. An der Spitze meist mit sichtbarem Nektar.
Bestäubung: G. conopsea wird hauptsächlich von diversen langrüsseligen Tagfaltern bestäubt (auch Kleinschmetterlinge). Auch Nachtfalter wie Eulen und Schwärmern hat man beobachtet. Diese werden wahrscheinlich durch den süssen, unterschiedlich intensiven Duft angelockt, den die Blüten verströmen. Übertragung der Pollinien von Blüte zu Blüte des selben Blütenstandes (Geitonogamie) ist vorherrschend. Fremdbestäubung ist ebenfalls möglich. Der Fruchtansatz ist mit 65 - 85% sehr hoch.
Blütezeit: Ab Mitte Mai bis Mitte (Ende) August, je nach Vegetations-entwicklung und Biotoptyp sowie Exposition und Höhenlage der Wuchsstellen.
Lebensräume: Vom Tiefland (200m) bis 2500 (2800m.) in den Alpen in Flach-, Hang- oder Quellmooren, auf ± frischen Mager- und Bergwiesen, Alpweiden sowie sehr lichten Nadelwäldern (hauptsächlich Föhren- und Lärchenwälder). Wächst auf unterschiedlichen Bodentypen mit Bevorzugung von kalkhaltiger Unterlage.
Verbreitung: Ganz Europa, im Süden bis Nord- und Nordost-Spanien, Italien (ohne Sizilien und Sardinien), Grossbritannien, nördlich bis Skandinavien, Balkanländer, Kleinasien (Nord- und Nordosttürkei, Nord-Iran), Teilgebiete Russlands, durch Sibirien, der Mongolei bis Nordchina, Korea und Japan.
Häufigkeit: Verbreitet, sie ist noch eine unserer häufigsten Orchideenarten. Fehlt jedoch fast ganz in grossen Teilen des Mittellandes zwischen Jurafuss und Voralpen von südlich Aargau bis zum Genfersee sowie in einigen Gebieten des Tessins und des Thurgaus. In einigen Gegenden der Kantone Graubünden, Glarus und St.Gallen existieren wahrscheinlich nur Wissenslücken. In kleineren hochalpinen Regionen fehlt sie wahrscheinlich wirklich. Lokal und punktuell tritt G. conopsea manchmal in grosser Zahl auf.
Gefährdung: In mittleren und höheren Lagen gebietsweise noch wenig, in tieferen hingegen stark gefährdet. G. conopsea kommt an manchen Orten nur noch in Naturschutzgebieten vor. Im Mittelland sind die meisten Feuchtgebiete verschwunden, andere passende Nischen für günstige Wuchsstellen sind kaum mehr vorhanden. Im alpinen Raum drohen Verluste wegen zu stark bestossenen Alpweiden und gravierende Eingriffe in Zusammenhang mit dem Bau von Skipisten und den entsprechenden Infrastrukturen. Aber auch das meist viel zu frühe Ausmähen von Bahn-, Strassen- oder Waldwegböschungen bringt G. conopsea mancherorts in Bedrängnis.
Hybriden:   
Besonderheiten: G. conopsea variiert sehr stark in Pflanzengrösse und Blütenstandsform. Sie blüht in zwei zeitlich versetzten "Schüben" (ähnlich wie D. incarnata). Erster Schub: Pflanzen nur mittelgross und eher hell in der Blütenfarbe. Diese Pflanzen sind meist abblühend oder verblüht, wenn der zweite Schub im Aufblühen begriffen ist. Die Pflanzen des zweiten Schubes sind hochwüchsig, deren Blüten kräftig rotlila und ähneln aufblühend etwas Anacamptis, mit der sie auch schon verwechselt worden sind.


Pflanzenbeschrieb mittels Beizug diverser Literaturquellen, persönlicher Beobachtungen sowie Überprüfung von Diamaterial (W. Schmid)



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Aktualisiert 26. 03. 2015

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