Die Gattung Epipactis in der Schweiz
Glossar: Erläuterung der Fachbegriffe
Bestimmumgsschlüssel
Die Gattung und ihre Benennungen sind Ihnen noch fremd: zu den Merkmalen.
1. | Epichil beweglich mit dem Hypochil verbunden, Hypochil mit aufgerichteten Seitenlappen, fein rot, selten gelb gestreift | E. palustris |
Epichil fest mit dem Hypochil verbunden, Hypochil napfförmig, ungestreift | 2 | |
2. | Stängel und Fruchtknoten sehr stark graufilzig behaart, Epichil mit runzeligen Höckern | 3 |
Stängel und Fruchtknoten behaart oder kahl, Epichil mit glatten Höckern oder höckerlos | 4 | |
3. | Blätter sehr klein, kürzer als die Stängelinternodien, Blüten weisslich grün gefärbt, Petalen und Hypochil rosa überlaufen | E. microphylla |
Blätter so lang oder länger als die Stängelinternodien, Blüten dunkelrot, selten gelblich oder blassrosa | E. atrorubens | |
4. | Stängel und Fruchtknoten kahl | E. fageticola |
Stängel und Fruchtknoten sehr deutlich behaart | 5 | |
5. | Rostelldrüse funktionell, Pollinien fest, nicht zerbröckelnd, entweder vorhanden oder vollständig entfernt | 6 |
Rostelldrüse fehlt oder rasch vertrocknend (wenn vorhanden), Pollinien früh zerbröckelnd, meist nicht vollständig entfernt, Pollenfragmente auf der Säule vorhanden | 7 | |
6. | Stängel und Blätter violett überlaufen oder graugrün, Blätter reduziert, Blüten grünlich weiss, Petalen und Lippe rosa überlaufen | E. purpurata |
Stängel nur an der Basis violett überlaufen, Blätter grün, gross, eiförmig, Blüten bunt und sehr variabel gefärbt, hellgrün, rosa, rot bis dunkelrot | E. helleborine | |
7. | Rostelldrüse fehlt, Narbe senkrecht zur Längsachse des Fruchtknotens, Pollinien weit nach vorne geschoben, Pollenschüssel fehlt | 8 |
Rostelldrüse fehlt oder rasch vertrocknend, | ||
Narbe schräg zur Längsachse des Fruchtknotens gerichtet, Pollinien in Pollenschüssel | 9 | |
8. | Blüten intensiv rot überlaufen, Brakteum der untersten Blüte breit-lanzettlich bis eiförmig, Blätter kurz und breit | E. placentina |
Blüten gelblich grün, Hypochil innen rot oder braun, Petalen und Epichil schwach rosa überlaufen, Brakteum der untersten Blüte schmal-lanzettlich, Blätter schmal-lanzettlich, Rand gewellt | E. muelleri | |
9. | Blätter kürzer oder wenig länger als die Stängelinternodien mit fester Textur, gelblich-grün bis grün, an der Basis gelblich weiss, löffelförmig | 10 |
Blätter deutlich länger als die Internodien, mit weicher Textur, grün bis dunkelgrün, flach ausgebreitet | 11 | |
10. | Pflanze xerothermer Standorte mit grossen Blüten, Sepalen mindestens 8 mm lang | E. distans |
Pflanze feuchter Waldstandorte, oft entlang von Fliessgewässern, Blüten klein, Sepalen höchstens 8 mm lang | E. rhodanensis | |
11. | Epichil herzförmig, weit vorgestreckt, Rand flach oder aufgebogen, Übergang zum Hypochil breit V-förmig | E. leptochila |
Epichil umgeschlagen oder verdreht, Rand flach, Übergang zum Hypochil eng !-förmig | E. leptochila var. neglecta |
Name (altgriechisch für Schmarotzerpflanze) geht auf Paracelsus zurück.
Morphologische Merkmale der Gattung
Gattung Epipactis mit ähnlichem Blütenaufbau wie Cephalanthera (s. dort):
- zweiteilige Lippe: Hypochil (Hinterlippe, 4), Epichil (Vorderlippe, 5) mit Schwielen.
- Im Gegensatz zu Cephalanthera Hypochil mit Nektar. Kein Sporn.
- Säule (7) kürzer als bei Cephalanthera. Klebkörper (Rostellum, an der Spitze der Säule) bei autogamen (= selbstbestäubenden) Arten fehlend oder stark reduziert.
- Fruchtknoten mit Stielchen, d.h. im Gegensatz zu Cephalanthera nicht sessil.
Die in Wälder lebenden Epipactis-Orchideen kamen vermutlich erst nach der letzten Eiszeit vor 10‘000 Jahren als Buchenwald-Begleiter nach Mitteleuropa und splittern sich seither in zahlreiche Arten auf; ein Prozess, der immer noch anhält. Damit einher geht eine zunehmende Anpassung an den Lichtmangel im Wald, mittels
- Tendenz zu Mykotrophie, d.h. zunehmende Beanspruchung und Abhängigkeit von Bodenpilzen, mit Reduktion des Chlorophyll-tragenden Blattwerks (z.B. Epipactis microphylla, Epipactis purpurata).
- Tendenz zu Autogamie, d.h. Selbstbestäubung, zur Verringerung der Abhängigkeit von – im Wald spärlichen - Insekten. Dies ist am Blütenbau ersichtlich (Blüten hängend, mit zusammenneigenden Blütenblättern; Verlust des Klebekörpers, der zur Übertragung der Pollinienpakete auf die Insekten nötig ist).
Die Zeichnung stammt aus "Die Orchideen der Schweiz und angrenzender Gebiete", Reinhard et al., 1991
Die Ziffern werden im Glossar erläutert.
Vorkommen
Eurasiatische Gattung mit > 60 Arten; zudem 1 Art in Amerika (Epipactis gigantea) und 2 Arten in Afrika (Epipactis africana, Epipactis veratrifolia).
Arten in der Schweiz aktuell 12 Arten / Unterarten / Varietäten.
Sektion Arthrochilium
Sektion Epipactis
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Aktualisiert 15. 01. 2020