Die etwas andere Exkursion
Autor: Rolf Chiarini, Fotos: Rolf Chiarini und Göpf Grimm
„Schnapsidee“, ging Gottfried Grimm, unserem neuen Präsidenten, als Erstes durch den Kopf. Der Vorschlag, einmal eine Rosettenexkursion durchzuführen, kam von Marianne Greminger. Für Nichteingeweihte tönt das etwa so, wie wenn Menschenfreunde aus der halben Schweiz ins Fricktal reisen, um sich hier die Füsse der Einheimischen anzuschauen. Nichtsdestotrotz - im Vorstand fand die Idee Zustimmung, und am 12. März 2011 um 10.05 Uhr können Marianne und Göpf bei bestem Frühlingswetter 37 Orchideenfreunde vor dem Gemeindehaus Densbüren zur „etwas anderen Exkursion“ begrüssen. Dazu haben sie nicht nur eine instruktive Route rekognosziert, sondern auch ein Fotoblatt als Bestimmungshilfe vorbereitet.
Zur Einstimmung erklärt Marianne den Teilnehmern, dass die Rosettensuche wegen mindestens fünf Aspekten Freude bereitet.
1. Als Bewegungstherapie und Zeitvertreib in der kalten Jahreszeit.
2. Jetzt ist das Gras noch niedrig und der Wiesenboden einsehbar, sodass man die satt-grünen Orchideen-Rosetten noch gut zwischen den fahlen Grashalmen erkennen kann. Wahrscheinlich ist es auch einfacher eine Ophrys apifera im zeitigen Frühjahr zu entdecken als Ende Mai, wo sich diese zierlichen Pflänzchen inmitten vieler anderer Wiesenblumen verbergen.
3. Rosettensuche ist Vorarbeit. Dazu steckt man neben den gefundenen Rosetten – 15 cm bergwärts! - ein Stecklein in die Erde. Zur Blütezeit braucht man dann nur noch bei den Markierungen nachzusehen, dies schont das Biotop vor unnötigen Trittschäden und erspart erst noch Suchzeit.
4. Wir können bei der Rosettensuche verschiedene Arten mit unterschiedlichen Blütezeiten gemeinsam betrachten. Beispielsweise Ophrys araneola, Himantoglossum hircinum und Spiranthes spiralis.
5. Die Rosettensuche ist eine hervorragende Stimulation der Vorfreude für die bevorstehende Orchideensaison.
Für Ungeduldige: Bilder aller gefundenen Rosetten
In zwei Gruppen geht es – im Uhr- respektive Gegenuhrzeigersinn – rund um Densbüren herum. Ich habe mich Mariannes Gruppe angeschlossen. Das erste Biotop erreichen wir nach 15 Minuten im Gebiet „Ämet“. Offensichtlich war hier einmal ein Rebberg, und an kleinen Steilstufen kann man mitteljurassische Kalkmergel erkennen. Um unter den Grashalmen die unscheinbaren, eng am Boden anliegenden Rosetten zu entdecken, braucht es erst mal ein bisschen Übung. Nachdem wir uns ihre Bilder anhand „vorgesteckter“ Musterexemplare vor Ort haben einprägen können, hört man bald einmal von rechts und links: „Da ist eine!“ oder „Ist das eine?“ Marianne muss ständig hin- und herspringen. Wobei sich manches Fundobjekt als Wegerich herausstellt, dessen Laubblätter zurzeit ebenfalls spriessen und das mit verblüffend ähnlichen Rosetten (wie z.B. von Anacamptis pyramidalis). Bestimmen können wir: Aceras anthropophorum; Anacamptis pyramidalis; Himantoglossum hircinum; Ophrys apifera und Ophrys araneola. Dazu den Gesang der Goldammer und den Ruf des Grünspechts.
Gemütlich wandern wir dann dem Dorfrand entlang – bei einer Garageneinfahrt entdeckt ein soeben konditioniertes Augenpaar noch eine Pyramidalis-Rosette – zur Lokalität „Rüdle“, wo wir von Göpfs Gruppe zum Picknick erwartet werden.
Unmittelbar an den Rastplatz grenzt eine Magerwiese. Darin wachsen Spiranthes spiralis und Anacamptis pyramidalis. Stecklein markieren bereits entdeckte Pflanzen. Nach dem Picknick sucht unsere Gruppe um die Wette nach weiteren Spiralis-Rosetten. Zur Belohnung winkt ein Schoggiherz – und ein bisschen Feldtraining tut uns allen gut, schliesslich ist bald Ostereiersuche angesagt.
Am Weg zum dritten Standort leuchten in einem Unterholz violett-rote Seidelbastblüten. Das Biotop „Zange“ ist eine Waldlichtung mit lockerem Föhrenbestand und Jurakalkmergel unter der dünnen Humusschicht. Schon ziemlich routiniert suchen wir auch hier die Magerwiese ab und üben grüppchenweise das Rosetten-Bestimmen: Aceras anthropophorum, Anacamptis pyramidalis, Ophrys apifera, Ophrys insectifera, Orchis mascula, Gymnadenia conopsea und wahrscheinlich hat Maria Merz zu guter Letzt noch eine Rosette einer Ophrys holoserica entdeckt. Nur 28 Meter weiter oben, im Quadranten RF/Q 8514/1, wäre sie sogar ein Novum gewesen. Klaus Hess anerbot sich, Ende Mai nochmals nachzusehen, ob sich die demokratisch bestimmte Rosetten-Spezies tatsächlich als Ophrys holoserica entpuppt. Schön wär’s! (vgl. Bericht Klaus Hess unten).
Schliesslich finden wir uns alle zusammen wieder in der „Pinte“ – ja, so heisst das Restaurant bei der Busstation. Albert Kurz dankt mit ein paar stimmigen, an Marianne und Göpf gerichteten, Worten für diese exquisite Rosetten-Exkursion, und ein langer, herzlicher Applaus will sagen:
„Sie war überhaupt keine Schnapsidee – im Gegenteil!“
Bericht Klaus Hess:
„Leider war bei meinem Besuch der „Zange“ am 7.5.11 die ganze Wiese „verbrannt“. Das Gras war niedrig wie im März, die Wiesensalbei, Knautien und der Hufeisenklee spärlich, und fast alle Orchideenrosetten waren gelb-verdorrt oder sogar schon verschwunden (so auch die gefragte Rosette), wie die vielen von uns gesteckten Ästchen zeigten. Nur die Orchis mascula hatten noch vor der Dürre geblüht und hatten z.T. Fruchtansatz, und unter der grossen Eiche unterhalb der Orchis mascula-Gruppe konnten im Dauerschatten vier kleine Ophrys insectifera und eine Aceras athropophorum überleben.“
Bilder der Rosetten-Ausbeute
Rosette Aceras anthropophorum (GG)
Rosette Anacamptis pyramidalis (GG)
Rosette Ophrys apifera (GG)
Rosette Himantoglossum hircinum (RC)
Rosette Ophrys araneola (GG)
Rosette Ophrys araneola (RC)
Rosette Ophrys insectifera (GG)
Rosette Ophrys insectifera (RC)
Rosette Spiranthes spiralis (RC)
Rosette Gymnadenia conopsea (RC)
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Aktualisiert 14. 07. 2011
