Mit der Motorsense gegen die Orchideen!
Autor und Fotos: Hans Wyss
An einem prächtigen Spät-Frühlingstag mache ich mich gemütlich auf, um wieder einmal im Goldauer-Bergsturz nach botanischen Kostbarkeiten Ausschau zu halten.
Nachdem ich das Auto parkiert habe, wandere ich gemächlich bergan. Links und rechts neben mir zeigt sich die Flora von der besten Seite: Knabenkräuter, Waldvöglein, Waldhyazinthe, Frauenschuh, Akelei in allen Farben, Flockenblumen, spriessende Stendelwurz-Arten und hie und da ein Paar Fliegen-Ragwurzen.
Je weiter ich auf dem Strässchen bergwärts wandere, umso lauter tönt vom Berg herab das Geräusch von Motorsensen!
Wo mögen die im Einsatz sein? Im Wald? Vielleicht ein Landwirt der seine Weide vom Adlerfarn säubert?
Aber Schreck lass nach: Vor der zweiten Spitzkehre begegne ich einer Gruppe von jüngeren Afrikaner und Asiaten die dran sind, die „Bunten Strassenränder“ mit 3 Motorsensen abzumähen und mit Rechen zur Seite zu werfen (samt Knabenkräuter, Ragwurzen und Co. auf darunter stehende weitere Orchideen)!
Auf meine Frage was ihr Auftrag denn sei, antwortet einer in gebrochenem Deutsch, sie hätten den Auftrag bekommen, die ganzen Strassenränder 1,5 Meter breit abzumähen und zu „säubern“, sie seien in einem „Arbeitsprogramm für Asylsuchende“!
Entsetzt ob so vielem „Fleiss“, wollte ich wissen, wer überhaupt diesen blödsinnigen Auftrag erteilt habe, wo doch die gesamte Flora auf dem Blüh-Höhepunkt stehe!
Der „Chef“ sei nicht hier, aber immerhin bekam ich eine Telefonnummer von einem Sozialarbeiter des Kantons Schwyz.
Also sofort anrufen! Aber der leitet mich, mit einer anderen Nummer, an eine weitere Amtsstelle: die seien zuständig.
Weiteres Telefon! Aber auch dieser wusste nichts Konkretes!
In der Zwischenzeit befahl ich den Arbeitern (zirka 20 nette jüngere Frauen und Männer aus aller Welt) eine längere Pause einzulegen: ich sei ab jetzt bis auf weiteres ihr Chef! Die gehorchten mir natürlich aufs Wort, auch weil ich ziemlich energisch und entsetzt auftrat, und weil sie eine gewisse Furcht vor diesem helvetischen „Ureinwohner“ hatten!
Nach weiteren Umwegen bekam ich die Telefonnummer des zuständigen Försters für den Goldauer Bergsturz. Aber dieser ist nicht erreichbar.
Was tun wenn die Verantwortlichen nicht anwesend sind? Es war ja schon 20 nach 12 und ich musste dieses grausame Treiben irgendwie abbrechen!!
Also: über die Auskunft 1818 zur Kantonspolizei.
Die waren auch relativ schnell da und ich erstattete eine Anzeige gegen Unbekannte wegen der „Zerstörung“ dieser wertvollen Biotope.
Kurz darauf läutet mein Handy: Der Förster ist dran! Ich mache meinem Unmut Luft und erkläre ihm die Unsinnigkeit einer solchen Säuberungs(?)-Aktion.
Dieser reagierte zuerst sehr genervt; ich konnte mit ihm aber im Laufe des Gesprächs auf zivile Art und Weise verhandeln und den Abbruch der Übung veranlassen. Er sah rasch ein (die Anzeige bei der Polizei sei Dank), dass er einen Fehler gemacht hatte, indem er diesen Befehl zu früh erteilt hatte. Ganz am Schluss gab er leise zu, dass er erst ab Mitte Juli diese Arbeiten durchführen kann. Und ich entschuldigte mich für mein forsches Vorgehen.
Da der Frühling 2013, von der Witterung her, sehr spät eintraf, war natürlich auch die Vegetationsentwicklung etwa 3 Wochen in Verzug.
Um ca. 13.30h sind dann die Arbeiter samt Gerätschaften mit Minibussen abgeholt worden.
Ich setzte dann meine Wanderung fort und war froh, doch noch schön blühende (und lebende!) Orchideen zu bestaunen.
Ich vermutete aber nun zu wissen, warum an den besagten Strassenrändern seit Jahren keine Hummel- und Bienen-Ragwurzen mehr blühen. Wurde auch in den vorigen Jahren so früh gemäht?!
Einige Zeit später telefonierte ich erneut mit dem Förster um ein generelles Verschieben des Pflegeeinsatzes auf einen späteren Zeitpunkt zu diskutieren. Ohne dass ich ihn weiter bedrängt hätte, entschied er, mehr oder weniger von sich aus, den Mähtermin für die oberen („mageren“) Strassenborde auf Ende Sommer (August) zu verlegen, jedenfalls mehr Acht auf den biologischen Zeitpunkt zu legen!
Die unteren Abschnitte kämen so aber, auch wegen der üppigeren Vegetation etwas früher dran.
So konnten wir friedlich einen gemeinsamen Nenner finden.
Der nächsten Botanik-Exkursion zum Goldauer-Bergsturz dürfen wir also ohne Angst und Bange entgegensehen!
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Aktualisiert 12. 12. 2013