2006/07 - Jahr der Hummel-Ragwurz
Ophrys holoserica (Burm.f.) Greuter
Auswertung
Verschiedenes/Fundorte
Dankenswerterweise haben in den beiden Jahren 2006 und 2007 57 Kartierungsmitarbeiter/Innen viel Zeit in diverse Suchaktionen investiert. Dass einiges an Kontrollarbeit zu erwarten war, ist aus der Übersichtskarte per Ende 2005 und der Karte mit den abgesuchten und zum Teil auch aktualisierten Quadranten (vgl. unten) ersichtlich. Rund 230 davon sind überprüft worden (CH und grenznahes Ausland).
Da O. holoserica bei uns nur bis gegen 1400 m ü.NN ansteigt und fürs Gedeihen auf kalkhaltige Böden angewiesen ist, scheiden etliche Gebiete der Schweiz für eine Besiedlung aus. (9322/1, Nähe Glaspass, 1670 m ü.NN, ist sehr fraglich, obwohl anscheinend ein Belegfoto existiert). Die aktuellste Verbreitungskarte offenbart, dass einerseits einige Vorkommensschwerpunkte vorhanden sind, andererseits in diversen Gebieten die Art nur noch sehr selten vorkommt oder sogar gänzlich fehlt. Die vielen unbestätigt gebliebenen Quadranten (meist alte Literaturzitate = Symbol O) weisen auf einen massiven Rückgang der Art in der Schweiz hin (siehe Fundorttabelle, Nullmeldungen). Vermutlich sind in den alten Angaben auch fehlerhafte Meldungen enthalten, indem früher hie und da Ophrys apifera mit O. holoserica verwechselt worden ist. Es gibt Orte mit aktuellen O. apifera-Funden, die in der Literatur erwähnten O. holoserica hingegen konnten nie bestätigt werden.
2006 erwies sich als durchschnittliches O. holoserica-Jahr. Wesentlich schlechter präsentierte sich dann jedoch 2007. Der extrem trockene Monat April hat wahrscheinlich viel zu dieser Misere beigetragen (die vor allem vom Menschen verursachte Erderwärmung lässt grüssen). Es ist deshalb nicht auszuschliessen, dass in Jahren mit besseren klimatischen Bedingungen unsere gesuchte Art in potentiellen Biotopen doch noch bestätigt werden könnte.
Die detaillierten Ergebnisse finden Sie im Heft 1/2008.
Zusammenfassung
Land/ Kanton | Gemeinden | Fundorte | Anzahl |
A; D; F; FL; I | 17 | 29 | 927 |
CH | 58 | 116 | 2032 |
Total: | 75 | 145 | >2959 |
Nullmeldungen: | A: 1; CH: 205 | 292 | 0 |
Anzahl: Bei identischen Meldungen für 2006 und 2007 sind immer die höheren Exemplarzahlen (von 2006) eingesetzt.
(1/2+3) = Fundorte/Anzahl Pflanzen 2006 oder 2007 + Anzahl Pflanzen von 2006.
Biotope/Gefährdung
In den vergangenen 125 Jahren sind rund 90% aller Feuchtgebiete und Trockenstandorte der Schweiz verschwunden. Entsprechend eingeschränkt sind deshalb Siedlungsmöglichkeiten für Ophrys holoserica. Feuchtwiesen gehören vielleicht nicht zu ihren bevorzugten Standorten, dennoch konnte die Art in mehreren Fällen (z.B. Arth-Goldau und Hirzel im oberen Sihltal) bestätigt werden. Am oberen Greifensee und bei Weisslingen (Zürcher Oberland) gelang trotz mehrmaliger, intensiver Nachsuche keine Bestätigung, obwohl es sich an beiden Orten um intakte, gepflegte und geschützte Feuchtbiotope mit Vorkommen diverser anderer Orchideenarten handelt. Eine Erklärung zu formulieren bereitet in solchen Situationen Schwierigkeiten.
Hauptsächlich in den Agglomerationen sind viele potentielle Orchideengebiete überbaut worden, sei es durch Wohnsiedlungen, Industriebauten oder Verkehrswege. Einfamilienhaus-Überbauungen entstanden sehr oft an südlich ausgerichteten Hängen, wo ursprünglich Halbtrocken- oder Trockenrasen lagen, die von Ophrysarten gerne besiedelt wurden.
Zurückgedrängt wurde O. holoserica auch durch die Intensivierung und vermehrte Mechanisierung in der Landwirtschaft. Ehemalige Magerwiesen sind meist in Fettwiesen oder Ackerland umgewandelt worden. Extensiv bearbeitete oder beweidete Hänge und Flächen werden jetzt oft extrem stark gedüngt oder beweidet, Hanglagen vermehrt mit Schafen in Koppelhaltung „missbraucht“. Zudem können Orte, die früher schlecht zugänglich waren, heute mit modernsten Jauche-Druckverteilern „bearbeitet“ werden.
Ophrys holoserica ist sehr schutzbedürftig. Die noch existierenden Wuchsorte sollten möglichst erhalten und gesichert werden. Eventuelle neue Sekundärbesiedlungen an Strassen-, Autobahn-, Eisenbahn- oder Gewässerböschungen können den festgestellten dramatischen Rückgang in keiner Weise ausgleichen.
Wir danken allen (auch uns nicht namentlich bekannten Begleitpersonen bei Suchgängen) für ihren Einsatz und hoffen weiterhin auf tatkräftige Unterstützung.
Autoren: Ruedi Irniger / Walter Schmid
Alle Ergebnisse vom "Jahr der ..."
2001: Limodorum abortivum 2002: Epipactis atrorubens 2003: Jahr des Kanton Aargau 2004: Malaxis monophyllos 2005: Cephalanthera damasonium 2006/2007: Ophrys holoserica 2008/2009: Listera cordata 2010: Breitblättrigen Stendelwurz 2011/2012: Holunder-Fingerkraut 2013/2014: Fliegen-Ragwurz 2015: Langspornige Handwurz 2016/2017: Kugelorchis 2018: Männliches Knabenkraut 2019/20: 5 Wald-Epipactis-Arten 2021: Frauenschuh 2022: Einorchis 2023: Korallenwurz 2024: Kleines Knabenkraut
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Aktualisiert 05. 03. 2009
