Reinacherheide
Bericht von Ruedi Peter
Ich lebe jetzt im WBZ (Wohn- und Bürozentrum für Körperbehinderte) in Reinach BL. Das WBZ ist
nahe bei der Reinacher Heide. Dieses interessante Gebiet besuche ich oft.
Die Reinacherheide liegt an der Birs auf Boden der Gemeinden Reinach und Arlesheim. Obwohl nur 39 Hektaren
gross, beherbergt dieses Gebiet fast die Hälfte aller im Kanton Basel-Landschaft vorkommenden Pflanzenarten.
Damit gehört die Reinacherheide zu den wertvollsten Naturschutzgebieten des Kantons. 1994 wurde die
Reinacherheide vom Bund als "Naturschutzgebiet von nationaler Bedeutung" ausgezeichnet.
Bis ins 19. Jahrhundert konnte die Birs frei fliessen: Der Fluss schlängelte sich durch das breite Tal
und schuf eine ausgedehnte Auenlandschaft. Um neues Kulturland zu gewinnen, wurde der Fluss Mitte des 19.
Jahrhunderts begradigt.
1972 wurde der Flusslauf der Birs zum Schutz vor Hochwasser durch Steinblöcke befestigt. Somit blieben
regelmässige Überschwemmungen aus und der Grundwasserspiegel sank zunehmend. Die Auenlandschaft
wurde allmählich durch die heute charakteristische trockene Heidelandschaft verdrängt.
Die Kombination von Trockenstandort und Auenlandschaft macht die Reinacherheide besonders vielfältig.
Die Reinacherheide ist das grösste zusammenhängende Stück Naturlandschaft in Reinach. Als
interessante Trockenlandschaft auf Niederterrassenschottern der ehemaligen Birsaue bietet sie einen steten
Wechsel von Wald, Hecken und Trockenrasen. Zahlreiche seltene und bedrohte Tier- und Pflanzenarten finden
hier einen Lebensraum: Vögel, Insekten, Orchideen usw. Die Reinacherheide dient der Trinkwasserversorgung
von 50'000 Personen im Birs- und Leimental. 1996 wurde zudem ein Hundeverbot ausgesprochen. Die Reinacherheide
ist ein ausserordentliches Gebiet. Sie ist in der Nordwestschweiz einmalig. Sie erinnert an östliche
Steppen und an Garrigues im Mittelmeergebiet.
Die Reinacherheide ist vor allem durch drei Vegetationstypen charakterisiert: die Schotterflächen, die
Magerwiesen und den Auenwald.
Auf den Schotterflächen haben sich Pioniergesellschaften angesiedelt. Denn nur wenige Pflanzen waren den
einstmals regelmässigen Überschwemmungen gewachsen. Eine typische Art dieses Standortes ist beispielsweise
die Kugelblume (Globularia punctata). Sie bildet ein weitläufiges Wurzelsystem, um im grobkörnigen
Untergrund den nötigen Halt zu finden.
Da die Überschwemmungen heutzutage ausbleiben, werden die Schotterflächen von Menschenhand gerodet.
So kann die charakteristische Pflanzengesellschaft vor Verbuschung geschützt werden.
Auf den Schotterflächen auf Höhe des Schwimmbades haben sich so genannte Pioniergesellschaften angesiedelt.
Denn nur wenige Pflanzen waren den einstmals regelmässigen Überschwemmungen gewachsen.
Die trockenen und nährstoffarmen Magerwiesen erinnern an heissen Sommertagen an eine mediterrane Landschaft:
Eine bunte Blütenpracht, wohlriechende Düfte und vielstimmiges Gezirpe umgeben einen hier. Neben dem
charakteristischen Feldmannstreu und der Golddistel finden sich hier zahlreiche seltene Orchideenarten, wie
Hummel-Ragwurz (Ophrys holosericea) und Helmorchis (Orchis militaris). Der Feldmannstreu ist eine
interessante Art: Sie kommt in der Schweiz fast nur hier vor, sonst bei Genf. Die nächsten Vorkommen sind
im Elsass.
Entlang der Uferböschung wächst ein Auenwald, welcher - dank Renaturierung der Birs - heute wieder
regelmässig überschwemmt wird. So bleibt die charakteristische Pflanzengesellschaft auf natürliche
Weise erhalten. Hier trifft man auf üppiges Grün, denn der Fluss liefert Nährstoffe und Feuchtigkeit
im Übermass. Die ausgeprägte Krautschicht, das undurchdringliche Dickicht und die mächtigen Weiden
und Eschen verleihen diesem Abschnitt der Reinacherheide einen urwaldähnlichen Charakter.
Im Nordosten, auf der Arlesheimer-Seite der Birs, hat es ein Refugium für Ackerunkräuter, z. B.
Acker-Wachtelweizen (Melampyrum arvense)
Auffallend ist die grosse Vielfalt an Schmetterlingen, die in der Reinacher Heide lebt. Wer an sonnigen Tagen
durch die Heide spaziert, trifft auf den Himmelblauen und Silbergrünen Bläuling oder den
Kleinen Perlmuttfalter. Als besonders gilt auch das Vorkommen der Blauflügligen Ödlandschrecke
und der Gemeinen Sichelschrecke.
Der Reichtum an Insekten, Spinnen, Früchten und Samen zieht zahlreiche Vögel an. Hänfling, Zilpzalp, Heckenbraunelle und Mönchsgrasmücke schlagen sich hier die Bäuche voll. Nicht nur als
Brutplatz ist die Reinacherheide für die Vögel wichtig, sondern auch als Tankstelle für durchziehende
Arten, da sie hier einen Rastplatz vorfinden.
Für das Naturschutzgebiet Reinacherheide wurden von einem Naturschutzbüro im Auftrag der Abteilung Natur
und Landschaft Basel-Landschaft Pflege- und Massnahmenpläne ausgearbeitet. Da das Gebiet viele seltene
Pflanzen- und Tierarten beherbergt, mussten die Pläne sowohl ein Instrument für die Erhaltung der
bedeutenden Arten und die Vielfalt an Lebensräumen wie auch für die praktische Pflege sein. Die
verschiedenen Schutzziele und Ansprüche seitens der Wissenschaft mussten unter einen Hut gebracht werden.
Der neue Plan ermöglicht eine zielgerichtete, rationelle Pflege, ohne Naturwerte zu gefährden.
Zwischen den beiden Weltkriegen wurde das Gebiet für den Ackerbau genutzt. Später kamen immer mehr
Nutzungsansprüche durch den Menschen dazu: Hundesportplatz, Campingplatz, Baumschule, Autobahnbau und
schliesslich das Naherholungsgebiet.
Literatur
LÜTHI, R. (2003): Reinacher Heide, Reihe Natur im Baselbiet, Exkursionsführer durch Naturschutzgebiete des Kantons Basel-Landschaft, Heft 5. Liestal.
Internet
http://pages.unibas.ch/botges/tagung/01/1.htm
www.baselland.ch/docs/bud/arp/entdecke/Reinacherheide.htm
www.ngib.ch/publikationen/ngib 6?publication=blass und kienzle
www.naturschutzdienst-bl.ch/index.php?cat=angebot & sub=literatur
www.oekoskop.ch/res/naturschutzgebiete.htm
www.reinach-bl.ch/200/230/236/236a/236a.html
Ruedi Peter
Aumattstr. 71
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rudolf.peter@roche.com
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Aktualisiert 10. 03. 2009